So hat er es sich das nicht vorgestellt. Das Unheil zeichnet sich nicht ab, es beginnt harmlos. Fredy und Jeanette sitzen in gemütlicher Kaffeerunde zusammen.
Vor dem Fenster auf der Anhöhe ob Niederbipp brauen sich aus Westen graue Wolken zusammen. Die ersten Vorboten des angekündigten Schneesturmes ziehen die beiden Katzen in den Bann, sie schauen den vereinzelten Schneeflocken nach.
Fredy erzählt Jeanette von seinen Projekten, wie er den näherkommenden, sich abzeichnenden Ruhestand und die zu Verfügung stehende Zeit zu Nutzen trachtete.
Er erzählt ihr von den Musikstunden, die er nimmt und in vollends an sein Unvermögen erinnern, an die Musikalität seiner Eltern anzuknüpfen.
Er erzählt ihr von der Idee, den Pilgerweg nach Santiago de Compostela von Zürich bis nach Spanien zu erwandern.
Er erzählt von seinem geplanten Segeltörn von Saintes-Maries-de-la-Mer nach Santa Margherita Ligure.
Er erzählt von den gemütlichen Jassrunden seiner Eltern und Grosseltern im nebelverhangenen Thurgau in der heimeligen Küche mit Holzofen.
Da endlich kommt auch Eva zu Wort: «Fredy, am Abend kommen doch Katrin und Koni. Bleib doch, wir können einen Jass klopfen; der Schieber ist kinderleicht. Wir erklären es dir, das begreift jeder.»
Fredy wird es ein wenig mulmig, denn mit Zahlen hat und hatte er es überhaupt nicht und seines Mehrfachaufgabendefizits ist er sich eigentlich voll bewusst. Tschau Sepp und die Memoryabende mit seinen Kindern hat er nicht vergessen.
Der Abend naht, die Runde ist vollzählig. Nach dem Tratsch wird es ernst, der Jassteppich wird ausgerollt. Das beliebteste Kartenspiel der Schweiz beginnt: Die Runde erklärt Fredy, dem es noch mulmiger wird, die Regeln:
– 2500 bis 1000 Punkte pro Spiel, je nach Zeit.
– Wie darf gewiesen werden
– Was ist Trumpf
– Schälle/Schilte beziehungsweise Schaufel/Kreuz doppelt oder obenabe/ uneufe.
Als Katrin und Koni die Coiffeurvariante noch ins Spiel bringen und Fredy nach der dritten Runde uneufe/obenabe immer noch nicht unterscheiden kann wirft er die Karten ins fast erloschene Ofenfeuer und seufzt: Ich bestelle Pizza für alle!
Am nächsten Tag packt Fredy den Rucksack bucht einen Flug nach Santiago de Compostela. Der Flughafen liegt 5 km vom Stadtzentrum weg – und eine Busverbindung gibt es auch.